Wer war Claus Philipp Maria Schenk Graf von Stauffenberg? Die Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Geschichte der Paul-Gerhardt-Schule beschäftigten sich mit dem Hitler-Attentäter. Dazu hatten sie den General a. D. und ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, eingeladen. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Stauffenberg-Gesellschaft Baden-Württemberg informierte er die versammelte Oberstufe und beantwortete Fragen der Jugendlichen.
Für Schulleiter Martin Forchheim ist es wichtig, „den moralischen Kompass der Schüler zu stärken“, sie zu motivieren, sich für die Werte der Demokratie aktiv einzusetzen. Ein weiteres Ziel des evangelischen Gymnasiums sei, „mündige Bürgerinnen und Bürger nach christlichen Maßstäben zu erziehen“, den jungen Leuten einen „Kompass“ an die Hand zu geben.
Auch von Stauffenberg schöpfte seine Kraft aus religiöser Überzeugung, informierte der Gast. „Er war ein sehr gebildeter Mensch.“ Warum der Attentatsversuch am 20. Juni 1944 nicht erfolgreich war, hatte wohl verschiedene Gründe. „Er konnte die Granate in seiner Aktentasche nicht scharf machen, dann hat sie jemand mit dem Fuß weggeschoben, um besser sitzen zu können“, zitierte Schneiderhan aus der Forschung.
Dann holte der Referent etwas weiter aus. „Es war ein Diktatfrieden nach dem Ersten Weltkrieg, Weimarer Republik startete voller Hoffnung.“ Doch es herrschte große Verunsicherung, marodierende Soldaten zogen durchs Land, der Demokratie fehlte die Basis. So kam es 1933 zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, die auf eine „Zentralfigur“ konzentriert war.
„Kinder hatten Angst vor ihren Eltern, Nachbarn bespitzelten sich, du konntest keinem trauen“, schilderte der Referent. „Das war eine unheimlich schwierige Situation.“ Und das Problem war nicht zu lösen, solange Hitler an der Spitze stand, „der Tod Hitlers war Voraussetzung für eine Änderung“. Von Stauffenberg war klar, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war.
„Das Attentat musste geschehen, um der Welt und Deutschland selbst zu zeigen, es gibt ein besseres Deutschland.“ Der Plan des anfangs glühenden Nazis erforderte großen Mut, betonte der frühere General. Ja, von Stauffenberg sei ein Vorbild, beantwortete der Experte eine Frage. „Der von 1939 war kein Vorbild, der von ‘44 schon!“
Der Widerstand zählte mehr als 200 Leute. Sie hätten überlegen müssen, wer nach einem Sturz Hitlers den Rundfunk übernimmt, über den die Propaganda verbreitet wurde, und andere Schlüsselstellen. „Überall waren Nazis an der Spitze“, erinnerte der Pensionär. „Sie hätten das Gesamtsystem ablösen müssen, wussten aber nicht, wie Parlamentarismus geht.“
Die Beteiligten wurden nach dem gescheiterten Attentat verurteilt, von Stauffenberg wurde noch am Abend getötet. Die Nazis ließen seine Leiche später exhumieren, verbrennen und die Asche verstreuen – „welche Brutalität“. Die Ehefrau war mit dem vierten Kind schwanger. Schneiderhan traf einen Sohn von Stauffenbergs, er wollte jedoch nicht über den Vater reden.
„Kriege brechen nicht aus, sie werden gemacht“, erklärte Schneiderhan. „Krieg muss vorbereitet werden, Gesellschaft und Industrie müssen darauf eingestellt werden.“ Das funktioniere meistens, indem Volksgruppen verächtlich gemacht werden. Dem stemme sich heute der Artikel 1 des Grundgesetzes entgegen, „die Würde des Menschen ist unantastbar“.
„Demokratie ist anstrengend, kann ermüden“, mahnte der Sprecher. „Man muss streiten, Kompromisse finden und demokratisches Verfahren einüben“. Das haben sie damals nicht geschafft. „Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit“, entscheidender Punkt, Voraussetzung für Frieden,
Das Podium diskutiert über rechtsradikale Soldaten. Es seien nur sehr weniger, aber „problematischer, weil sie Waffenträger sind“. Der Mann am Mikro sprach von einer aktuell „anstrengenden Zeit, wir haben verschiedene Krisen, die alle zusammenhängen“. Die Jugendlichen rief er auf, gegen rechte Strömungen müsse man „Widerspruch leisten, nicht Widerstand“.
Quelle: Michael Prochnow,
Freier Journalist